Hier finden Sie einige Anmerkungen zu den "Revolutionären Zellen" (RZ) und dem Verhältnis der Autonomen zu ihnen. Für eine Darstellung der anhand des RZ-Papiers "Was ist Patriarchat?" geführten Diskussion klicken Sie hier.

Inhaltsverzeichnis dieser Seite:

Heroische Vorbilder

  1. Das Verhältnis zur RAF
  2. Die RZ

a) Die "Revolutionären Zellen" (RZ) als heroische Kampfgemeinschaften

  • Selbstheroisierung der RZ in den 70er Jahren
  • Der Guerillero als "ganzer Mensch"
  • Männerbünde
  • Anspruch und Wirklichkeit von kollektiver und individueller Identität in der Guerilla
  • b) Die RZ in den 80er Jahren

  • Der "neue Mensch"
    1. Der doppelte Heroismus bei Ingrid Strobl
  • Sag nie, du gehst den letzten Weg
  • Heroische Vorbilder

    Kollektive, von Kleingruppen bis hin zu Staaten, unterstützen ihre Gemeinschaftbildung mit Gründungsmythen oder Vorbildern, deren Geschichten das Selbstverständnis dieser Kollektive repräsentieren. Dazu zählen der Christusmythos genauso wie die Geschichte der Französischen Revolution. HeldInnen gibt es auch für soziale Bewegungen. Prototyp des modernen Helden ist Che Guevara, dessen Konterfei seit dreißig Jahren WG-Küchen, T-shirts und Plattenhüllen ziert. Er kämpft ohne Rücksicht auf sich selbst und ohne Kompromisse den revolutionären Kampf, in dem er umkommt. Diese bedingungslose Ausrichtung auf sein verfolgtes Ziel macht seine heroische Qualität aus und verleiht ihm die Entschlossenheit und Schönheit, die in seinen Porträts zum Ausdruck kommt.

    Für die Autonomen bieten sich als bundesdeutsche Vorbilder die Mitglieder terroristischer Vereinigungen an. Es gibt allerdings nur sehr wenige Äusserungen von Autonomen, die direkte Rückschlüsse auf ihr Verhältnis zu diesen militanten KämpferInnen erlauben. Die Diskussion von RZ-Texten deutet aber auf eine gewisse Akzeptanz von deren Anschlagspolitik in den 80er Jahren (siehe Text zu "Theoretischen Beiträgen heroischer Vorbilder"). Dagegen ist die RAF in der Entstehungszeit der Autonomen bereits so stark diskreditiert, dass kaum Auseinandersetzung mit ihr stattfindet.

    Auch wenn die Politik in der Regel abgelehnt wird, können die Mitglieder terroristischer Vereinigungen doch bewundert werden, weil sie mit dem Schritt in die Illegalität ihre revolutionären Ziele in einer heroischen Identität institutionalisiert haben. Die Bereitschaft, dieses persönliche Risiko für die Ziele einzugehen erfordert eine besondere Entschlossenheit und Radikalität, die unabhängig von der Beurteilung der politischen Aktionen, honoriert werden. Im Zusammenhang mit den Autonomen ist auch die Kleingruppenstruktur der terroristischen Vereinigungen RAF, Bewegung 2. Juni und die Revolutionären Zellen (RZ) von Interesse. Genau wie bei den Autonomen wird nämlich eine interne Befehlsstruktur entschieden abgelehnt und ein demokratisches Selbstverständnis mit intensiven persönlichen Beziehungen gepflegt. Die interne Gruppenstruktur kann dabei so stark idealisiert werden, dass sie innerhalb des Mythos vom revolutionären Kampf als "Vorgriff auf eine befreite Gesellschaft", dargestellt wird. Wie sehr dabei Selbstbild und tatsächliche Gruppenstruktur auseinanderfallen können, wird an der Geschichte Hans-Joachim Kleins deutlich, der nach seiner Beteiligung an einer Geiselnahme bei der OPEC-Konferenz in Wien aus den RZ aussteigt und dem dafür Ende 2000 der Prozess gemacht wird.

    Doch zunächst die direkten Äußerungen von Autonomen zur RAF.

    1. Das Verhältnis zur RAF

    Auf politischer Ebene war das Verhältnis der Autonomen zur RAF immer eindeutig und durch ihre Ablehnung von Gewalt gegen Menschen bestimmt. Besonders nach dem Mord an einem amerikanischen Soldaten, um an dessen ID-Karte zu gelangen, gibt es deutliche Worte von Seiten der Autonomen. Der Gesamte Anschlag auf einen Parkplatz der US-Airbase, in dessen Vorfeld der GI Pimental ermordet wurde, mute wie eine "perfekt inszenierte counter- insurgency-Aktion des BKA" an: "Wer unterschiedslos alles Personal auf US-Territorium zum Tode verurteilt, der ist nicht revolutionär, sondern terroristisch" (Lupus-Gruppe 1987a: Über die "Unmöglichkeit, im eigenen Land den Untergrund zu organisieren", zitiert nach TAZ-Bericht von Oliver Tolmein 16.04.1987 Seite 8). Und in einem Ergänzungspapier wird festgestellt: "Solange die RAF die Beckurts-Ermordung aus demselben politischen und ideologischen Selbstverständnis heraus bestimmt wie die Pimental-Hinrichtung und den Airbase-Anschlag, bleibt sie für mich - als Ausdruck einer politischen Strategie - konterrevolutionär" (ebenda). Zwar könne eine "Liquidation Ausdruck revolutionären Kampfs sein; wenn sie aber zur Politik an sich wird, verkommt sie zur linken Selbstjustiz" (ebenda).

    Diese deutliche Distanzierung schließt allerdings nicht aus, dass einzelne Mitglieder, besonders Ulrike Meinhof, wegen ihrer heroischen Qualitäten bewundert und als vorbildlich eingeschätzt werden. So schreibt eine "unautorisierte Stellungnahme" anlässlich 20 Jahren Deutscher Herbst: "Faszinierend waren sie schon, die KriegerInnen, so konsequent, aber dann auch immer wieder überraschen weinerlich im Ton. Wir haben sie wohl bewundert, wie sie den Staat ärgern konnten, trotzdem wollten wir auf keinen Fall für ihre Politik mitverantwortlich gemacht werden, sicher auch aus Angst vor Repression" (vier freye Geyster im Nebelschleyer: Die autonome Bewegung und die RAF. Eine völlig unautorisierte Stellungnahme zum Eliteverein RAF, taz-Journal: 20 Jahre Deutscher Herbst, Berlin 1997, S. 39). Als Indiz für die Akzeptanz der Personen kann auch die Behauptung gelten, die Gefangenen der ersten Generation seien in Stammheim ermordet worden, auch wenn es sich dabei gleichzeitig um einen Beweis eigener Radikalität handelt. "Wir konnten sprühen gehen (heute heißt das "Graffiti"): "Glaubt der BZ kein Wort, Stammheim, das war Mord!" Ob wir das selbst glaubten, war nicht so wichtig. Hauptsache, es war erst mal gesagt und getan, damit die alleinherrschende Meinung durchlöchert war" (ebenda, S. 38).

    2. Die RZ

    Die Revolutionären Zellen (RZ) betreiben in den 70er Jahren eine ähnliche Politik wie die RAF, verlegen sich in den 80er Jahren aber auf Anschläge gegen Sachen im Kontext von Kampagnen, in denen auch Autonome aktiv sind. Damit tragen sie den veränderten Politikformen Rechnung, besonders dem Aufkommen der nsB. Teile des ursprünglichen Konzeptes bleiben bestehen.

    Die RZ genießen dabei hohes Ansehen bei den Autonomen, weil ihr konspiratives Vorgehen mit der Anonymität des Streetfighters korrespondiert und das Risiko, das sie eingehen, respektiert wird. Der Umstand, dass ihre Mitglieder anonym bleiben und neben dem Leben in der "Guerilla" über einen legalen Alltag verfügen, lässt ein nur temporäres Engagement, wie in den nsB, zu. Ihre Vorbildfunktion für die Autonomen wird aus dem Umstand deutlich, dass ihre theoretischen Texte ab der zweiten Hälfte der 80er Jahre stark rezipiert werden (vor allem "Was ist Patriarchat?", der auch von der Edition ID-Archiv im Sammelband "Metropolen(gedanken) und Revolution" herausgegeben wird).

    a) Die "Revolutionären Zellen" (RZ) als heroische Kampfgemeinschaften

    Kollektives Gewaltverhalten ist in der Regel männerbündisch organisiert, d.h. mit hoher Gruppenloyalität verbunden, als deren Repräsentant eine Führungsperson gesehen wird, zu der eine hierarchische Beziehung besteht. Der Kampf ist das zentrale Erlebnis, das die Gemeinschaft mit "Blut und Schweiß" zusammenfügt, "wahre Freundschaft" hervor bringt und jeden Einzelnen zum Helden macht. Der Männerbund transportiert dabei ein Bild von Männlichkeit, das bestimmte Eigenschaften ausschließt indem sie als "weiblich" definiert werden. Linksradikale, militante Kleingruppen integrieren dagegen "männliche" und "weibliche" Prinzipien, indem sie Diskursivität und nicht-hierarchische Beziehungen mit ihrem "heroischen Kampf" verbinden. Wie das Beispiel der RZ in den 70er Jahren zeigt, wird die Gruppenstruktur selbst zum Politikum und zum Teil ideologisch überhöht.

    Selbstheroisierung der RZ in den 70er Jahren

    Aus den Texten der RZ wird ein Selbstverständnis deutlich, das auf Heroismus und den Mythos von der "Geburt des neuen Menschen im revolutionären Kampf" hindeutet. Die Guerilla beschreibt sich selbst als Ort der Selbstveränderung und des Kampfes; Nur hier kann eine revolutionäre Identität unabhängig von gesellschaftlichen Zwängen entwickelt werden. Der Eintritt in die Guerillagruppe ein Akt der Verpflichtung sich selbst und den Anderen gegenüber. Die RZ halten den Mitgliedern allerdings eine Hintertür offen. Durch die Anonymität der Personen gibt es einen Weg zurück in die Legalität, die Mitglieder müssen sich nicht "für immer" entscheiden.

    In Form eines persönlichen Interviews nimmt ein (fiktives?) Mitglied Stellung dazu, wie es "zur Guerilla gekommen ist" und was seine "Gruppe macht und wie lange sie schon existiert, damit man weiß, wie überhaupt so was entsteht" (Interview aus "Holger, der Kampf geht weiter", Mai 1975, in: Die Früchte des Zorns. Texte und Materialien zur Geschichte der Revolutionären Zellen und der Roten Zora, Berlin/Amsterdam 1993, S. 96). Neben politischen Gründen nennt die Person auch persönliche Motivationen für ihre Mitgliedschaft, die sich zum einen aus Politikformen aber auch aus erwarteten Gruppenprozessen herleiten.

    Ursprüngliche strategische Überlegung sei es gewesen, "an gesellschaftlichen Konflikten" anknüpfen und über die dabei praktizierten "Formen des Kampfes" hinausgehen zu wollen (ebenda). Damit soll die "Verschärfung gesellschaftlicher Widersprüche" (Holger, S. 110) vorangetrieben werden und "alle Angehörigen der Herrschenden Klasse ... gezwungen werden, alles und jedes Objekt mit ihrem Aufgebot von Bullen zu schützen" (ebenda, S. 109f) um "den Staat zu entlarven" (ebenda, S. 100).

    Weiterhin wird in dem Interview angegeben, dass der "Guerillakrieg gegen das Herrschaftssystem" (ebenda, S. 110) begonnen werden soll mit dem Ziel, "so was wie Gegenmacht herzustellen (ebenda, S. 97) und in der Hoffnung, "daß die Stadtguerilla eine Massenperspektive wird" (ebenda, S. 110), da "nur eine Guerilla praktiziert von Massen" (106) die "grausamen Herrschaftsmethoden" (ebenda, S. 106) beseitigen könnten.

    Der Guerillero als "ganzer Mensch"

    In einem Interview mit diesem Gruppenmitglied äußern sich die RZ zu den persönlichen Gründen für ihre Politik. Als Motivation für den "bewaffneten Kampf" (ebenda, S. 96) werden dabei weniger Erfolgsaussichten und strategische Fragen als subjektive Gründe genannt. Von vorherigen politischen Aktivitäten, wie "Demos" und "teach-ins" aber auch "Steineschmeißen" und "Molli-Werfen" frustriert und "von den Bullen demoralisiert" (ebenda, S. 96) wird als Ausgangspunkt die Suche nach einer neuen revolutionären Strategie" (ebenda, S. 97) genannt. Zudem war das Bedürfnis da "endlich Subjekt sein zu wollen in diesem Kampf" im Unterschied zur vorher gemachten Erfahrung, "andere in den jeweiligen Bereichen, wo ich drin war, agitieren zu müssen" (ebenda).

    Dabei bedeute der "militante Kampf" nicht "sich und andere [zu] instrumentalisieren" und beispielsweise in den Dienst der politischen Sache zu stellen, er ist vielmehr die Möglichkeit, eine neue Identität zu gewinnen: "ein Guerillero hat sich dafür entschieden, seine Persönlichkeit, Gedanken, Gefühle und Handlungen deckungsgleich werden zu lassen" (ebenda, S. 98). Eine Guerilla könne nur erfolgreich sein, wenn sie "sich im Kampf permanent verändert. Das heißt nichts anderes, als sich selbst einbringen" (ebenda) und die Trennung von Privatleben und Politik aufzuheben.

    Der Anspruch der Selbstveränderung und die neue Identität sind verbunden mit einer besonderen Gruppensituation: "Kleine bewaffnete Gruppen ... sind in ganz starkem Maß darauf angewiesen, sich zu emanzipieren und auch die eigene Befreiung im Auge zu haben und sich entsprechen zu verhalten. (...) Jeder ist für jeden verantwortlich" (ebenda, S. 102f). Die Angehörigen einer militanten Kleingruppe müßten sich "hundertprozentig kennen" (ebenda, S. 111).

    Männerbünde

    In einem Text, der sich mit der Zeit der Weimarer Republik befasst, liefert Nicolas Sombart eine Beschreibung des Männerbundes, die sich recht universell auch auf aktuelle Phänomene anwenden lässt. Grundprinzip des Männerbundes ist der Ausschluss von allem, was als "weiblich" aufgefasst wird: "In seiner Lebensform ist der "Männerbund" karg, asketisch, zölibatär; er definiert seine Einstellung dem Leben gegenüber in radikaler Abgrenzung gegen alles Weiche, Liebliche, anmutige Weibliche (...) Die Welt des Weibes ist materialistisch, sinnlich, hedonistisch, eudämonisch - die Welt des Mannes, für die der "Männerbund" steht, ist geistig, heroisch, dämonisch" (Nicolas Sombart: Männerbund und politische Kultur in Deutschland, in: Joachim H. Knoll und Julius H. Schoeps: Typisch deutsch? Die Jugendbewegung, Opladen 1987, S. 161). Viele Merkmale des Männerbundes treffen auch auf die Guerilla zu: Zweifelsohne grenzt sie Materialismus und Hedonismus aus und verschreibt sich dem heroischen Kampf. Es gibt auch so etwas wie Initiation und starke Solidarität zwischen den Mitgliedern, das Grundprinzip der internen Organisiserung, die hierarchische Führer/Gefolgschaft-Beziehung wird jedoch gegen den Diskurs ausgetauscht.

    Basiert die emotionale Beziehung, die "Männerfreundschaft" zwischen den bündisch organisierten Mitgliedern auf "Treue, Ehre, Gefolgschaft" (ebenda, S. 159), sprechen die RZ von "vertrauensvoller Zusammenarbeit". Damit werden letztlich die von Sombart gegeneinander gestellten "männlichen" und "weiblichen" politischen Prinzipien zusammengeführt. "Auf der einen Seite heroisch-tragisches Lebensgefühl, Opfer- und Untergangsbereitschaft, Alles-oderNichts-Denken, Eschatologie, Tod - auf der anderen Anpassung, Toleranz, Verhandlung, Kompromiß, Utopie, Leben" (ebenda, S. 175).

    Anspruch und Wirklichkeit von kollektiver und individueller Identität in der Guerilla

    Gerade das Beispiel des erst 1998 in Frankreich verhafteten RZ-Aussteigers Hans-Joachim Klein zeigt jedoch, wie wenig der Anspruch, sich gegenseitig kennenzulernen, tatsächlich verwirklicht wird. Die RZ gestehen ein, durch seine offensichtlich vorgetäuschte Selbstsicherheit beeindruckt worden zu sein, was dazu führt, ihn zu einer Aktion zu schicken, für die er nicht geeignet war. Das Verhalten Kleins deutet darauf hin, dass er sich selbst und den Anderen eine "übereindeutige" heroische Identität vorspielt.

    Bereits in dem frühen Papier von 1975 wird darauf hingewiesen, dass der persönlichen Befreiung und dem Emanzipationsprozess der Gruppe die Verfolgung durch staatliche Organe und die Bedingungen des verdeckten Operierens entgegen stehen. Trotzdem wird die Gruppenstruktur eher positiv dargestellt: "Wir reden über unsere Angst, wir machen keine Aktionen als Mutprobe oder auf Befehl eines Kommandierenden" (ebenda). Das emanzipierte Verhalten in der Gruppe sei zumindest ansatzweise gegeben: "...durch die Vermeidung des Fehlers, wegen angeblich vordringlicher Aufgaben die Probleme zwischen uns, die Probleme in vielen Fragen des Kampfes, hinten an zu stellen, durch all das schaffen wir es tendenziell immer eher, gleichberechtigt, selbstbestimmt, absolut vertrauensvoll zusammenzuarbeiten und miteinander umzugehen" (ebenda).

    Zwei Jahre später wirft der Aussteiger Hans-Joachim Klein ein anderes Licht auf die interne Struktur der RZ. Bei der Geiselnahme von fünf Ölministern der erdölproduzierenden Länder hatte er Schussverletzungen erlitten und in der Genesungsphase den Entschluss gefasst, keine bewaffneten Aktionen mehr durchzuführen.

    Seine Beschreibung der unmittelbaren Aktionsvorbereitung in Wien hat wenig mit den wenige Monate zuvor formulierten Ansprüchen an den internen Umgang miteinander gemeinsam. Eine der anderen sechs beteiligten Personen erläutert Hans-Joachim Klein die Taktik: "Wer Widerstand leistet, muß umgelegt werden (...) Ebenso bei jedem Mitglied des Kommandos, das den Befehl verweigern sollte oder die Operation in Gefahr bringen könnte" (Interview mit Hans-Joachim Klein in der Liberation, Oktober 1978, zitiert nach Früchte des Zorns, S. 197). Seine Einwände, dass er "kein Killer" sei und keine "hysterische Geisel" umbringen wolle führen jedoch nicht zu einer anderen Planung (ebenda).

    Mit der Teilnahme an der Aktion habe er sich Vertrauen erworben und daher "eine Menge Dinge" (ebenda, S. 198) erfahren, die ihn zum Sicherheitsrisiko gemacht hätten, wenn er sich von seinen Mitstreitern hätte trennen wollen. Als er Kundtat, nicht mehr mitmachen zu wollen, wurde ihm von Personen der Bewegung 2. Juni mitgeteilt, dass er "nicht aufhören könne", denn er "wüßte zuviel" (ebenda, S. 199). Zudem sei es ein "Befehl" in ein "arabisches Land" zu reisen, bei dem Klein davon ausging, dass er "ohne Erlaubnis" nicht wieder ausreisen hätte können (ebenda).

    In einer Stellungnahme der RZ zu Hans-Joachim Kleins Ausscheiden räumen seine ehemaligen MitstreiterInnen ein, "betroffen" zu sein und "versagt" zu haben, weil sie nicht bemerkt hätten, in welche Konflikte ihn das Kämpfen in der "bewaffneten Linken" (Die Hunde bellen, und die Karawane zieht weiter, S. 193) gebracht hat. Sie hätten nicht gesehen, dass er "sich übernommen hatte", hätten ihm "zuviel durchgehen lassen" und seien "auf ihn abgefahren" (ebenda).

    Entgegen seiner Darstellung hätte er die Möglichkeit gehabt, die "Guerilla" zu verlassen (ebenda). Erst durch die Art seines Ausstieges sei er zum Problem geworden, weil zu befürchten sei, dass er "vor dem Verrat konkreter Einzelheiten, Strukturen, Treffpunkte, Namen nicht zurückschrecke" (ebenda, S. 194) und gegenüber der Polizei "zum Deal bereit ist, wenn er´s nicht mehr aushält oder wenn sie ihn erwischen" (ebenda).

    Bei den aufgezeigten Unterschieden stellt sich die Frage, warum Hans-Joachim Klein als einziges RZ-Mitglied direkt beteiligt und für eine so spektakuläre Aktion ausgewählt wurde, insbesondere angesichts der Tatsache, dass es seine erste Aktion war (vgl. Liberation, 196).

    Die Persönlichkeit Hans-Joachim Kleins illustriert das von Paris beschriebene Phänomen der Übereindeutigkeit heroischer Identität. Gerade weil er sich seiner nicht sicher ist, verpflichtet er sich, sich selbst und anderen gegenüber, nur dem Primat des Kampfs zu folgen. Die neue Identität gibt ihm zunächst Sicherheit, die als Entschlossenheit auf andere wirkt. Die Gruppenmitglieder sind beeindruckt von seiner Selbstsicherheit und schenken ihm Vertrauen. Die Kommandoaktion, an der er teilnimmt hat nichts von dem befreienden Erlebnis heroischer Identität. Für ihn ist es der Grund, seine "psychische Kampfmontur" abzulegen und den bewaffneten Kampf aufzugeben. Seine MitstreiterInnen sehen sich von ihm getäuscht.

    Nach seinem Interview mit der Liberation kommen die RZ in einer weiteren Stellungnahme zu der Bewertung, dass Hans-Joachim Klein "die Grenze zum Verrat längst überschritten" habe (Erklärung der RZ: Hunde, wollt ihn ewig bellen ..., November 1978, Früchte des Zorns, S. 203). Zudem wird den SchreiberInnen deutlich wie groß die Unterschiede in der politischen Einschätzung ihrer Aktionen zu ihrem vorherigen Mitstreiter Klein sind. Während für ihn die Fahrpreiskampagne Ausdruck dafür war, dass das RZ-Mitglied Winfried Böse auch ein "kleiner Krämer" (Liberation, S. 200) war, ist es für die RZ Ausdruck der Strategie, den "Legalismus im deutschen Volk und in der Linken" (Hunde, S. 207) aufzubrechen und zur "militärischen Eskalation" (ebenda, S. 205) beizutragen.

    Auch bei der Einschätzung des Verhältnisses zu den anderen illegal Gruppen mit einem Selbstverständnis von "Stadtguerilla" differieren die Ansichten. Während Hans-Joachim Klein den Unterschied auf praktischer Ebene sieht, und das Verhältnis zum illegalen Alltag aus Unterscheidungskriterium nennt, sieht das RZ-Papier die Differenzen in strategischen Fragen. Es bemängelt, dass sich für Klein "der Unterschied zwischen den drei deutschen Bewegungen der bewaffneten Linken auf ihr Verhältnis zur Illegalität" reduziere (ebenda, S. 204).

    b) Die RZ in den 80er Jahren

    In der Erklärung vom November 1978 finden sich auch Nachwirkungen des deutschen Herbstes. Die RZ stellt sich in die Tradition des Widerstandes gegen den deutschen Faschismus und leitet daraus die Begründung ihres militanten Vorgehens ab: "... schon einmal - 1933 - hat die organisierte deutsche Linke klein beigegeben (...) Noch einmal werden wir uns nicht dem Vorwurf aussetzen, wir hätten etwas unversucht gelassen!" (ebenda, S. 212). Diese neue Gleichsetzung der BRD mit dem Faschismus deutet darauf hin, dass das staatliche Vorgehen im "deutschen Herbst" als Reaktion auf den Guerillakampf in den Augen der RZ entlarvend war. Sie stellen sich damit in einen Kontext, der auch von RAF-Mitgliedern aufgebaut wird, wenn sie ihr bewaffnetes Vorgehen als "nachholende Resistance" bezeichnen und so als radikalen Antifaschismus legitimiert.

    In einer längeren Abhandlung über ihre bisherige Politik stellen die RZ ihre Strategie ausführlicher dar und bestimmen das Verhältnis von individueller Befreiung und revolutionärem Kampf neu. "Funktion der Guerilla" sei es, an der Entwicklung eines neuen "revolutionären Subjekts" mitzuwirken indem "immer größere Teile des Volkes" in die Widerstandsformen der Jugendrevolte eingebunden werden (Revolutionärer Zorn Nr. 6, S. 260f).

    Die Anti-AKW-, Antikriegs- und Häuserkampfbewegung scheiterten zwangsläufig an der "militärischen Überlegenheit" des Gegners, wenn sie sich auf "offene massenhafte Konfrontation" mit der Staatsgewalt einließen und müssten daher "die Technik des bewaffneten Kampfes" erlernen (ebenda, S. 261).

    Der "neue Mensch"

    Die Möglichkeiten zu individueller Befreiung und Selbstbestimmung werden in diesem Text restriktiver gesehen, wenngleich der militante Kampf noch stärker idealisiert wird. Er breitet das Ideal revolutionärer Identität komplett aus. Der "Kampf um meine Selbstbestimmung" könne nur "gemeinsam mit anderen" gewonnen werden, daher könne auch "die Frage des Nutzens meines Handelns nicht allein von mir her" bestimmt werden (ebenda, S. 264). Gleichzeitig findet "die Proklamation des neuen Menschen durch die Guerilla" statt (ebenda, S. 270). Da "Freiheit" nur möglich sei "in der Entscheidung gegen das herrschende System" (ebenda, S. 272) müsse der "Totalität der Macht" die "totale Verweigerung" entgegengesetzt werden (ebenda, S. 268). Mittel dafür ist der bewaffnete Kampf, wer sich von ihm abwendet steht vor der Situation, "statt gegen Unterdrückung und Ausbeutung zu kämpfen, von ihnen zu profitieren, statt Feind der herrschenden Verhältnisse plötzlich deren Nutznießer zu sein" (ebenda, S. 271).

    Nur der bewaffnete Kampf bietet die Möglichkeit der Vorweggenommen Befreiung, bereits innerhalb des "herrschenden Systems" (ebenda, S. 272) ein "neuer Mensch" (ebenda, S. 270) zu sein. "Der emanzipierte Kämpfer, der frei von Leistungsdruck, Konkurrenz und Aggressivität liebevoll und zärtlich mit seinesgleichen verkehrt, ist das uneingelöste Versprechen, das die Guerilla gibt" (ebenda).

    Dabei wird durchaus eingeräumt, dass es sich bei dieser Beschreibung von militanter Organisierung eher um eine Wunschvorstellung handelt während der "Alltag eines Guerilleros wenig Heroisches" hat (ebenda), der Weg der RZ bleibt aber der einzig mögliche, den "Zusammenhang zwischen revolutionärem Kampf und Wiederaneignung von Identität" herzustellen.

    Das grundsätzliche Problem sei, dass die vorher beschriebene "Person des Kämpfers so sehr ins Unvorstellbare transzendiert, daß die eigene Existenz zu einem Häufchen Elend verkümmert" (ebenda). Die angestrebte "Kollektivität besteht oft nur in dem Bewußtsein, Gruppe zu sein und weniger in der erfahrbaren, fühlbaren Praxis" (ebenda, S. 271). Gleichzeitig sei aber "die Überwindung von Angst ein gewaltiger Akt der Befreiung" (ebenda, S. 272).

    In dem Text von 1981 setzen sich die RZ mit einem weiteren Konflikt, nämlich eine auf Massenbewegungen bezogene Guerilla sein zu wollen und unpopuläre Aktionen zu machen auseinander. Die "Basis in der Linken" müsse vorhanden sein, weil sie zum einen "dem Einzelnen den notwendigen moralischen Rückhalt" und zum anderen der "Gruppe insgesamt erst ihren perspektivischen Zweck" verleihe (ebenda, S. 280).

    Allerdings müsse die "Vermittlung zur Bewegung" als Kriterium des Handelns aufgegeben werden, wenn das "Problem der Gefangenenbefreiung" auf die Tagesordnung kommt. Nun sei es nötig, "sich mit militärischen Mitteln auf die Ebene der machtpolitischen Konfrontation zu begeben" (ebenda, S. 281). Das widerspricht allerdings dem als Abgrenzung zu RAF und "Bewegung 2. Juni", mit denen sie das Konzept des bewaffneten Kampfs in der Metropole (Stadtguerilla) teilt, formulierten Anspruch, eine "populäre Guerilla" sein zu wollen (Zeitung der RZ: Revolutionärer Zorn Nr. 6, Januar 1981, in: Die Früchte des Zorns, S. 259).

    3. Der doppelte Heroismus bei Ingrid Strobl

    In den Zusammenhang heroischer Vorbilder muss auch Ingrid Strobl gestellt werden. Sie wird Ende 1987 beim Kauf eines Weckers verhaftet, der von der militanten Frauenorganisation "Rote Zora", die sich von den RZ abspaltet, mehrfach als Zeitzünder bei Anschlägen eingesetzt wird. Die Polizei hatte die Zahl der Verkaufsstellen für dieses Produkt stark begrenzt und alle Personen gefilmt, die danach verlangten. Später räumt die Rote Zora ein, durch zu lange Verwendung des Weckers als Zünder die Verhaftung ermöglicht zu haben. Da sich Strobl nicht öffentlich zu dem Vorwurf äußert, kann sie durch die Verurteilung auf zweierlei Weise zur Symbolfigur werden. Für die einen ist sie unschuldiges Opfer staatlicher Repression, das stellvertretend bestraft wird, weil sich keine Fahndungserfolge gegen RZ und Rote Zora einstellen, für die anderen ist sie militante Kämpferin, die auch durch staatliche Zwangsmaßnahmen nicht in ihrer revolutionären Integrität erschüttert wird und dem radikalen Feminismus treu bleibt.

    Ihr, während der Haftstrafe für diese Verurteilung geschriebenes Buch, "Sag nie, du gehst den letzten Weg" erzählt die Geschichten von militanten Frauen im spanischen BürgerInnenkrieg. Es kann als Versuch begriffen werden, die männliche Besetzung des heldenhaften Kampfes zu durchbrechen und einen weiblichen Heroismus zu etablieren. Das Buch wird so zum Ausdruck eines doppelten Heroismus, des der Autorin und des der Protagonistinnen.

    1989 wird ihr Buch über "Frauen im bewaffneten Widerstand gegen Faschismus und deutsche Besatzung" veröffentlicht (Ingrid Strobl: Sag nie, du gehst den letzten Weg, Frankfurt a.M. 1989). Im Vorwort wird der Anspruch, feministische Heroinnen zu schaffen explizit formuliert. Dort heißt es, dass die auf Interviews mit ehemaligen militanten Kämpferinnen beruhenden Lebensgeschichten, als eine "Hommage an diese unbekannten Heldinnen der Geschichte" verstanden werden sollen (ebenda, S. 18). Die Suche nach bewaffneten Frauen, die sich als Antifaschistinnen verhielten und anarchistisch oder sozialistisch organisiert waren, deutet darauf hin, dass Strobl für eine LeserInnenschaft schreibt, die mit dem militanten Feminismus sympathisiert. Sie betreibt damit Mythenbildung im klassischen Sinne: HeldInnengeschichten von früheren KämpferInnen dienen als Vorbilder und historische Bezüge für aktuelle Kampfgemeinschaften.

    Sag nie, du gehst den letzten Weg

    Die Frauen, deren Geschichten in "Sag nie, du gehst den letzten Weg" erzählt werden, sind in höchstem Maße unterschiedlich. Besonders, was das Ausbilden einer spezifischen Frauenrolle angeht, sind sehr verschiedene Typen vertreten. Was sie in dem Buch zusammenführt, ist ihr militanter Kampf gegen Faschismus und deutsche Besatzung und die Tatsache, dass es sich um Frauen handelt. Diese Gemeinsamkeiten sind Gleichzeitig der Bezugspunkt zum RezipientInnenmilieu, das sich als antifaschistisch, antinational, feministisch und radikal begreift.

    Analog dem eigenen Mythos von RZ und Autonomen wird auch für den "bewaffneten Widerstand in den besetzten Ländern Europas" das Bild der "unheimlichen Macht" benutzt: Während die deutschen Soldaten "der roten Armee wenigstens "offen" gegenüberstanden, kämpften die Partisanen aus dem "Hinterhalt", tauchten plötzlich auf, eröffneten das Feuer, brachten den Zug zum Entgleisen und verschwanden wieder. Niemand wußte, wann und wie sie wieder aus dem "Nichts" erscheinen würden" (ebenda, S. 25f).

    Dabei verfolgen die mysteriösen KämpferInnen nur die edelsten Ziele, verfügen über ein hohes, revolutionäres Bewusstsein und weisen die objektiv richtige Klassenlage auf: "Als Internationalisten bedachten sie, daß viele dieser deutschen Soldaten einfache Arbeiter waren wie sie selbst (...) Ihre Attentate galten Offizieren der SD, der Gestapo, der SS, Kollaborateuren und Verrätern" (ebenda, S. 26).

    Innerhalb des Widerstands sind Frauen dadurch eingeschränkt, dass auch hier Vorstellungen von traditioneller Rollenverteilung vorherrschen. Viele Aktivistinnen erfüllten "typisch weibliche Aufgaben, die ihre Rolle letztlich nicht sprengten" (ebenda, S. 28). Aber auch die wenigen militanten Frauen entwickeln nicht automatisch ein anderes Bewusstsein. "Ehemalige Kämpferinnen haben selbst das herrschende Bild der Weiblichkeit verinnerlicht. Sie bestehen darauf, daß sie zwar einer bewaffneten Einheit angehörten, aber nie selbst geschossen hätten. Erst wenn sie sehr viel Vertrauen gewonnen haben, sagen sie, wie es wirklich war" (ebenda, S. 29).

    Eine besonders vorbildhafte Rolle nehmen die AnarchistInnen im spanischen BürgerInnenkrieg ein. Nicht nur, dass sie gegen den Faschismus im eigenen Land kämpfen, genau wie später die Autonomen grenzen sie sich auch von den KommunistInnen in der Frage der Verwirklichung revolutionärer Ziele im Kampf ab. Die Unterscheidung macht sich in erster Linie am Thema "Emanzipation der Frau" fest: "Die "Wilden", das waren in den Augen der Regierung und der Kommunistischen Partei die Anarchisten. Die hatten gefordert, daß gleichzeitig mit dem Kampf gegen den Faschismus der Kampf um die soziale Revolution geführt werden müsse (...) Während die Kommunisten die Frauen aufforderten, alle "eigennützigen" Interessen hintenanzustellen und all ihre Kräfte auf den Krieg zu vereinen, schrieben die Anarchisten auch die sofortige Befreiung der Frauen auf ihre Fahnen" (ebenda, S. 39).

    Der Beginn des BürgerInnenkrieges eröffnet den spanischen Frauen neue Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Ihre neue Tätigkeit als Kämpferinnen macht sie unabhängig von vorgegebenen Rollenerwartungen. Es ist letztlich die "Initiation durch Teilnahme am Kampf". "Die Atmosphäre war greifbar eine andere geworden. Was auch immer die Männer in allen Parteien und die Funktionärinnen der Mujeres Antifacistas deklarierten, die Frauen nahmen sich ihre momentane Freiheit und genossen sie" (ebenda, S. 42). Der Eintritt in den Kampf ermöglicht Jugend, die noch nicht "verbildet" sind, den Aufbau einer eigenen, quasi "natürlichen" Verhaltensweise und Identität. "Diese jungen Frauen - die meisten waren nicht viel älter als 16 - kümmerten sich nicht im geringsten um die Rolle, die ihnen ihre Partei in offiziellen Verlautbarungen zuwies" (ebenda, S. 43). Auch die kommunistische Frauenorganisation "Mujeres Libres" beschreibt die egalisierende Wirkung des Eintritts in den Kampf: "Die Modistin widersetzte sich der Tyrannei der Nadel, um ihre Träume nach dem Abenteuer zu realisieren (...) Sie hat ihr junges Leben voll jugendlicher Erwartungen in den ersten Tagen des heroischen Kampfes aufs Spiel gesetzt, in denen jeder Mann ein Held und jede Frau einem Mann gleichwertig war" ("Mujeres Libres" Nr. 10, Juli 1937: Die Frauen in den ersten Tagen des Kampfes, in: Mary Nash: Mujeres Libres, Berlin 1979, S. 68f., zitiert nach Strobl 1989, S. 44).

    Zur Legendenbildung trägt auch die bewundernde Anerkennung der militärischen Gegner bei, die aus dem von Strobl zitierten Aussagen des SS-Gruppenführers Jürgen Stroop über Widerstandskämpferinnen beim Ghettoaufstand in Warschau herauszulesen ist. "Diese Mädels waren keine menschlichen Wesen; vielleicht Göttinnen oder Teufelinnen. Kaltblütig und geschickt wie Zirkusreiterinnen. Sie schossen oft beidhändig! Verbissen und ausdauernd kämpften sie bis zum Ende (...) Und aus der Nähe waren sie besonders gefährlich! So ein geschnapptes Chaluzzenmädel wirkte zuerst wie ein unschuldiges Lämmchen. Aber wehe, wenn unsere Männer sich ihnen auf ein paar Schritte näherten! Unter dem Rock nach der versteckten Granate greifen und sie blitzschnell mitten in die SS-Gruppe Schleudern, das war eins! (...) In solchen Situationen hatten wir regelmäßig Tote und Verwundete zu beklagen, deshalb befahl ich, diese Mädchen nicht mehr gefangenzunehmen, sie auf keinen Fall zu nahe herankommen zu lassen und sie aus sicherer Entfernung mit der Maschinenpistole umzulegen" (Kazimierz Moczarski: Gespräche mit dem Henker. Das Leben des SS-Gruppenführers und Generalleutnants der Polizei Jürgen Stroop. Aufgezeichnet im Mokotow-Gefängnis zu Warschau, Frankfurt 1982, S. 177ff., zitiert nach Strobl 1989, S. 20).

    Nach dem Krieg werden die Heldinnentaten der interviewten Frauen nicht anerkannt, teilweise verleugnen sie sogar ihre Geschichte. Über eine Slowenin in Kärnten schreibt Strobl: "Daß sie als junge Frau ihr Leben im Kampf gegen den Faschismus riskiert und ihre Gesundheit für immer ruiniert hat, das hat ihr nie Dank eingebracht, im Gegenteil. "Es ist heute keine Ehre, bei den Partisanen gewesen zu sein", sagt sie" (Strobl 1989, S. 13).

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